Professor Christoph Lütge, Technische Universität München

Die Ausgestoßenen, Teil 1 – Kritik unerwünscht: Professor Lütge

Die Namensliste der „Ausgestoßenen“, der Kritiker der Corona-Politik wird gegenwärtig immer länger. Diese Artikelserie berichtet von denen, die Politik und der Medienbetrieb wegen ihrer kritischen Sicht auf die Corona-Politik und -Berichterstattung ausstießen. Von Christian Albrecht.

Screenshot: Youtube / BR24

Teil 1

Zunächst traf es zu Beginn der Coronakrise renommierte Wissenschaftler und Politiker, die öffentlich eine andere Sicht auf das Infektionsgeschehen vertraten. Christian Drosten, Politik und Medien diskreditierten den Arzt und früheren SPD-Gesundheitspolitiker Wolfgang Wodarg sowie den Mikrobiologen und emeritierten Professor der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz, Sucharit Bhakdi. Ihr Vergehen: Sie vertraten öffentlich eine andere Einschätzung zur Coronakrise aus als der Virologe der Berliner Charite Drosten und die Politik. Einzelfälle, so könnte man meinen. Verwirrte Querköpfe. Doch es traf im weiteren Verlauf der Coronakrise weitere Personen, darunter Professoren, Journalisten und Politiker. Sie haben eines gemeinsam: Sie kritisieren die Corona-Politik. Sie sind die Ausgestoßenen.

Februar 2021: Söder entfernt Professor Lütge aus dem bayrischen Ethikrat

Der Professor für Wirtschaftsethik an der Technischen Universität München, Christoph Lütge, war bis Anfang Februar 2021 Mitglied im bayrischen Ethikrat. Der Ethikrat berät die Landesregierung von Markus Söder (CSU) zu den politischen Maßnahmen in der Corona-Situation. Lütge äußerte sich dabei öffentlich gegen einen Lockdown und die aus seiner Sicht überzogene Schutzmaßnahmen. Die „Zero Covid“-Politik, also das Ausrotten des Coronavirus und sehr niedrige Inzidenzzahlen, hielt er für „völlig illusorisch“. Die dabei erwarteten niedrigen Inzidenzen könne man im Winter gar nicht erreichen. Dagegen führe ein harter Lockdown durch verschobene Operationen und mangelnde Krankenversorgung zu vielen Kollateralschäden.

Professor Lütge in der Sendung „Kontrovers“ von Bayrischen Rundfunk, am 23. Januar 2021.

Personen ohne Symptome ständig zu testen hielt Lütge für „komplett sinnlos“. Auch die Intensivstationen arbeiteten 2020 laut Lütge im normalen Bereich. Das „Ärzteblatt“ hat diese Einschätzung mit Verweis auf das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) inzwischen bestätigt und sprach für 2020 von einer „historisch niedrigen Bettenauslastung“. Demnach habe die Belegungsquote von Covid-19 Patienten auf deutschen Intensivstationen bei rund vier Prozent gelegen und der Altersdurchschnitt der Patienten bei 71 Jahren.

Anfang Februar 2021 widerrief das Bayerische Kabinett einstimmig Lütges Bestellung. Ein Sprecher der bayrischen Staatsregierung sagte dazu: „Grund hierfür waren wiederholte öffentliche Äußerungen von Herrn Professor Lütge, die mit der verantwortungsvollen Arbeit im Ethikrat nicht in Einklang zu bringen sind und auf Dauer dem Ansehen des Gremiums Schaden zufügen könnten.“ Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU) sagte der Süddeutschen Zeitung über Lütge: „Seine Einzelmeinung provoziert häufig den Beifall von ausgewiesenen Corona-Leugnern und schadet somit dem Ansehen des Bayerischen Ethikrates.“

Der Wirtschaftsethiker Lütge äußerte sich nach seiner Abberufung aus dem Ethikrat gegenüber der Neuen Zurücher Zeitung, das Virus sei „in hohem Mass politisiert“ worden und hinterfragt die Unabhängigkeit des bayrischen Ethikrates: „Zumindest wäre Unabhängigkeit die Grundbedingung meiner Mitarbeit im Ethikrat. Die Freiheit der öffentlichen Meinungsäusserung muss garantiert sein. Ein Ethikrat gehört in die Öffentlichkeit, nicht ins Hinterzimmer.“ Lütge zufolge wolle man im Bayrischen Ethikrat keine Kritiker. Professoren sollten sich aber nicht fürchten, „sich in der öffentlichen Arena auch einmal die Hände schmutzig zu machen“.

Auch bezüglich der neuen „Omikron“-Variante äußerte sich Lütge im Dezember auf Twitter. So sei die Variante „recht harmlos“ und übertriebene Maßnahmen könnten die Gesellschaft weiter aufheizen.


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