Otto Schily, für die SPD Bundesinnenminister von 1998 bis 2005

Schily hält Corona-Impfpflicht für verfassungswidrig

Berlin – Eine allgemeine Impfpflicht gegen Corona ist „schlicht verfassungswidrig“ und „wird die jetzt schon erkennbaren Spaltungstendenzen in der Gesellschaft auf hochgefährliche Weise verstärken bis hin zu Gewaltausbrüchen“. So äußert sich Otto Schily, von 1998 bis 2005 Bundesinnenminister der SPD, in einem Gastbeitrag für die Tageszeitung „WELT“. Eine allgemeine Impfpflicht sei daher unverantwortlich. Schily: „Nicht einmal in der sonst so vehement als autoritär gescholtetenen Volksrepublik China besteht sie.“

Der 89-Jährige selbst habe inzwischen zusammen mit der Auffrischung drei Impfdosen erhalten und sei kein Impfgegner. Dennoch könne der Staat dem einzelnen Menschen keine ärztliche Behandlung aufzwingen, wenn es sich um „neu entwickelte Impfmethoden handelt, deren Langzeitfolgen nach einem relativ kurzen Zeitabschnitt der Anwendung keineswegs abschießend verlässlich beurteilt werden können.“ Schily empfiehlt die Impfung jedoch für besonders gefährdete Personen.

Ungeimpfte können Krankheit gut überstehen

Ihm sei „eine nicht geringe Anzahl“ von Menschen bekannt, die ungeimpft „durch eine gesunde Lebensführung und Achtsamkeit“ nur asymptomatisch eine Corona-Infektion überstanden hätten. Die „durchaus große Zahl“ solcher Personen blieben von Politik und Experten jedoch unbeachtet. Knapp 30 Prozent der Bevölkerung sei nicht geimpft und „gleichwohl nicht schwerwiegend erkrankt“, auch bei Kindern und Jugendlichen sei der Krankheitsverlauf im Regelfall eher mild. Die körpereigene Immunisierung nach überstandener Infektion hält Schily für „weitaus nachhaltiger als eine Impfung“. Schily zufolge ist die Sorge berechtigt, dass bei Kindern und Jugendlichen möglicherweise Impfschäden „in nicht unerheblicher Größenordnung“ auftreten könnten.

Impfpflicht verletzt Vertrauen in die Politik

In Krisenzeiten komme es insbesondere auf das Vertrauen in die demokratischen Entscheidungsprozesse an. Die Politik habe aber ihr Versprechen, keine Impfpflicht einzuführen, „einfach über Nacht zu Makulatur“ erklärt. Schily nennt das „gewissenlos“.

Impfunwillige müssten sich bereits mit zahlreichen Einschränkungen abfinden und seien im Alltag „zunehmenden Anfeindungen und Mobbing“ ausgesetzt. „Sollen sie jetzt durch fortgesetzte Zwangsgelder auch noch in die Armut getrieben werden?“ Der Politiker fragt, wie eine allgemeine Impfpflicht überhaupt durchzusetzen sei und ob der Staat mit Freiheitsstrafen für Impfunwillige „den wahnsinnig gewordenen Juristen“ folgen wolle.

Schon für Impfwillige reichen Impfdosen nicht

Eine allgemeine Impfpflicht sei „besonders grotesk“, wenn in Berlin für viele Impfwillige keine Immunisierung per Spritze mehr erhältlich sei und nur etwa zehn Prozent der älteren Menschen bisher eine Auffrischungsimpfung erhalten haben.

Eine allgemeine Impfpflicht „dient nur der Vernebelung der Tatsache, dass die Politik offensichtlich nicht imstande ist, sich auf die Maßnahmen zu konzentrieren, die wirklich der Gesunderhaltung dienen“. Schily zufolge ist sie ebenso verfassungswidrig als auch ein untaugliches Mittel, die Virusausbreitung zu verhindern.

Titelfoto: Otto Schily, Olaf Kosinsky, 2015-12 Otto Schily SPD Bundesparteitag by Olaf Kosinsky-144CC BY-SA 3.0 DE


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