Hans-Jürgen Irmer ist ist CDU-Kreisvorstand im hessischen Land-Dill-Kreis

Der Anti-Linke – Hans-Jürgen Irmer (CDU) im Porträt

Der hessische CDU-Politiker Hans-Jürgen Irmer hat in den letzten zehn Jahren immer wieder für Kontroversen gesorgt: Islam, Einwanderung, Homosexualität und Geschlechterrollen – der konservative Irmer ist „politisch inkorrekt“ und eckt an. Wer ist dieser Mann, der seine politischen Rivalen so schäumen lässt? Was treibt ihn an? Ein Porträt eines Rechtskonservativen. Von Christian Albrecht.

Titelfoto: Privat.

Der Mann ist „nicht ganz harmlos“, schrieb die frühere SED-Zeitung „Neues Deutschland“. Er ist ein „Brandstifter“ und „Hetzer“, beschrieb ihn Janine Wissler, Vorsitzende der Linkspartei und bis 2021 langjähriges Mitglied der linksextremen, trotzkistischen Organisation „Marx21“. Von sich selbst sagt Hans-Jürgen Irmer: „Ich bin weltoffen und tolerant.“ Der Kreisvorsitzende der CDU im hessischen Lahn-Dill-Kreis und früherer CDU-Bundestagsabgeordneter (2017-2021) ist bei seinen politischen Gegnern äußerst umstritten. Bei seinen Wählern hingegen ist er sehr beliebt. Irmer polarisiert.

Vom äußeren Eindruck wirkt der 70-Jährige in seinem gemütlichen Wetzlarer CDU-Büro wie ein freundlicher älterer Herr mit ergrautem Haar, Schnauzbart und Brille, empathisch. So wie ein Gymnasiallehrer, der Irmer neben seiner politischen Laufbahn in den beschaulichen hessischen Kleinstädten Wetzlar und Weilburg auch gewesen ist. Seine direkten Kollegen in der Kreis-CDU schätzen Irmer. Der Kreisvorsitzende sei „unwahrscheinlich arbeitsam und fleißig“, total menschlich, vertrauenswürdig und zuverlässig; er lasse sich nicht verbiegen, hört man sie sagen. Er setze sich für die Menschen ein, sei ein „Kümmerer“.

Der Schnauzbärtige spricht mit ruhiger Stimme, überzeugt, fast schon missionarisch über Politik und Gesellschaft. Ja, Irmer steht leidenschaftlich für seine Überzeugungen ein. Er zeigt klare Kante, sagt, was er denkt, und ist überzeugt: „Ich wurde so oft gewählt, weil viele Wähler es auch so sehen.“ Anderen wiederum passt seine Meinung oft nicht.

Links-Sein stieß Irmer schon im Studium ab

Auf einem Wahlplakat von 2021 lächelte Irmer in die Kamera – seriös in Anzug und Krawatte –, darauf ein Wahlkampf-Spruch: „Linksruck verhindern.“ Man könnte es als sein Lebensmotto deuten. Denn Irmer ist alles, nur nicht links.

Als Jugendlicher erlebte er die gesellschaftliche 1968er-Revolution. Was seine linken Professoren an der Universität lehrten, hat laut Irmer hinten und vorne nicht gestimmt. Linke Kommilitonen empfand er als äußerst intolerant, sie befremdeten ihn, denn sie hätten nur ihre eigene Meinung gelten lassen – „die hatten mit Demokratie alle nichts am Hut.“ Also trat er noch während seines Studiums 1971 bis 1976 der CDU bei.

Auf einer Messe in den frühen 1970ern sei er mit seinen Mitstreitern vom Ring Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS) sogar einmal von Linken „aus der Messe raus geprügelt“ worden, berichtet Irmer. Diese Intoleranz habe ihn aber nur bestärkt, sich politisch zu betätigen: „Ich bin ein Gerechtigkeitsfanatiker. Ich würde mich immer dafür einsetzen, dass auch ein Linker seine Meinung sagen kann, auch wenn ich sie tausendmal nicht teile. Das ist Demokratie.“ In einer Demokratie solle jeder klar ohne Angst vor Übergriffen und Repressalien seine eigene Meinung sagen können, bekräftigt er noch.

Inhaltlich ist Irmer klar konservativ und rechtspolitisch aufgestellt: Deutschland ist ihm wichtig. Die soziale Marktwirtschaft. Traditionelle Geschlechterrollen. Ehe und Familie. Denn er ist ein Familienmensch. Sein unpolitisches Elternhaus prägte Irmer auf den Wert einer gesunden, heilen Kernfamilie. Als Katholik verteidigt er christliche Werte. Von dem „Bodenpersonal“ in der Kirche fühlt er sich jedoch entfremdet. Er sieht eine Gefahr durch Islamisierung und radikalisierte Muslime und ist überzeugt: Dem Islam wohne ein Hang zur Gewalt inne.

Vorwürfe der Homo-, Islam- und Fremdenfeindlichkeit

Seine Gegner bezeichnen ihn regelmäßig als fremden-, islam- und homofeindlich, er sei ein Klimawandel-Leugner. So hatte er 2014 der Presse gesagt, Homosexualität sei „nicht normal“, und erklärte weiter: „Wäre sie es, hätte der Herrgott das mit der Fortpflanzung anders geregelt.“ Diese Aussage kritisierte der damalige parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Fraktion im hessischen Landtag, Günter Rudolph, als „unerträglich“ und „Hetzparole gegenüber Homosexuellen“; der CDU-Kommunalpolitiker denunziere und diskriminiere in regelmäßigen Abständen Minderheiten und Andersdenkende. Irmer ruderte kurz darauf zurück und erklärte in einer Stellungnahme: „Ich habe in der Vergangenheit bei schwierigen und sensiblen Themen mitunter Formulierungen gewählt, die zum Teil missverständlich waren und so interpretiert wurden, dass Menschen sich zu Recht verletzt fühlen konnten.“ Homosexualität gehöre für ihn „selbstverständlich zur Normalität“.

Im Gespräch verteidigt sich Irmer gegen die Vorwürfe seiner politischen Widersacher, denn „das hat alles mit der Lebenswirklichkeit nichts zu tun.“ So toleriere er Homosexualität als „Laune der Natur“, es habe immer einige Menschen mit diesen sexuellen Vorlieben gegeben. Er bevorzuge aber die Familie von Mann und Frau, „weil nur sie die Garantie dafür gibt, dass ein Volk überlebt“. Er habe weiterhin auch säkular-muslimische Freunde, die unter Polizeischutz stünden, weil radikale Muslime sie bedrohten. Irmer argumentiert weiter: Weltweit gebe es kein islamisches Land mit Demokratie, Menschenrechte, freier Presse, unabhängiger Justiz und Gleichberechtigung von Mann und Frau. „Das kann ich doch nicht ausblenden, wenn wir darüber diskutieren.“

„Keiner, der mich kennt, sagt, ich bin ein Rechtsaußen“

Diese Positionen erzürnen immer wieder die politische Linke, von der Presse erntete Irmer starken Widerspruch, und auch viele aus seiner eigenen Partei lehnen seine Einstellungen ab. Ein Mitglied einer Konkurrenzpartei attestierte Irmer, er habe zwar klare Ziele, die er mit unbegrenzten Energien verfolge und dabei viel in Bewegung setze; jedoch provoziere der CDU-Veteran vor allem in der Migrationspolitik mit seinen „relativ weit rechten“ Ansichten, die er auch in seiner kostenlosen Monatszeitschrift „Wetzlarer Kurier“ (Auflage 110.000) verbreite. Menschlich dagegen habe man ein gutes Verhältnis zum Kollegen, da könne man sich nicht beschweren.

Angenehm findet Irmer es nicht, in die „rechtsaußen Ecke“ gestellt zu werden. „Das macht keinen Spaß.“ Er selbst sieht sich anders: „Ich gehöre da nicht hin. Keiner, der mich kennt, sagt, ich bin ein Rechtsaußen.“ Dass die Linken-Chefin Wissler ihn einen „rechten Hetzer“ nennt, überrascht den CDU-Mann nicht, denn „von einer bekennenden Kommunistin kann man nichts anderes erwarten.“ Gegen ausländische Fachkräfte in Deutschland spreche er sich auch gar nicht aus – er heiße jeden willkommen, der für sein eigenes Einkommen sorgt und sich gut integriert. Was Irmer stört, sind Migranten, „die die Hand offen halten“ und die Leistungsfähigkeit des Sozialstaates gefährden. „Und wer zahlt es am Ende? Lieschen Müller.“ Der CDU-Politiker bemängelt, dass diese Zusammenhänge kaum eine Zeitung diskutiere. Dass er dafür kritisiert werde, damit müsse er leben, meint Irmer. „Aber das hindert mich nicht daran, meine Meinung zu sagen, von der ich zutiefst überzeugt bin.“

Der freundliche Schnauzbärtige gehört mit seinen kontroversen Positionen heute zu den traditionell Rechts-Konservativen in der CDU – von den einen geliebt, von seinen Gegnern verhasst. Denn Irmer ist der Anti-Linke.


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