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Pressefreiheit: Medienvertreter kritisieren RT Deutsch-Verbot

Foto: Kremlin.ruVladimir Putin, Russia Today television channel (2015-12-10) 07CC BY 4.0

Berlin – Der Auslandsreporter der Funke Mediengruppe, Jan Jessen, hält nichts davon, wenn die Pressefreiheit durch ein Verbot des russischen Senders RT Deutsch beschnitten wird. Das äußerte der Journalist am 2. Mai bei der Podiumsdiskussion „Presse. Macht.Freiheit“ der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung. Obwohl der russische Sender laut Jessen „natürlich Staatspropaganda“ betreibe, sei der RT-Verbot auch nicht besser. „Ich halte nichts davon, anderen Medien, nur weil sie anders berichten, den Saft abzudrehen.“ Dagegen sei es sinnvoller, über die Propaganda aufzuklären und guten Journalismus zu fördern und zu unterstützen. Hintergrund: Die Europäische Union hat Anfang März die Übertragung jeglicher RT-Inhalte in der gesamten EU verboten, nachdem Russland im Februar seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine startete.

Die Leiterin des Berliner Instituts für Medienverantwortung, Sabine Schiffer, stimmte Jessen zu. RT Deutsch und Sputnik seien auf EU-Ebene als Kriegspropaganda verboten worden, doch die EU habe gar keine Kompetenz, in Länderhoheiten einzugreifen. Was überhaupt Kriegspropaganda ist, sei wissenschaftlich strittig. Das Verbot von russischen Medien bei gleichzeitiger Kritik an der Pressezensur in Russland führe zu einem Glaubwürdigkeitsverlust.

Tobias Wolf von der Freien Presse (Chemnitz) sieht das anders. Die Gesprächspartner bei RT Deutsch „bilden mitnichten eine pluralistische Meinungsbildung in Deutschland ab, sondern sehr gezielt ein bestimmtes Spektrum, was dann am Ende auch dem Kreml genehm ist“. Er könne das Verbot von RT Deutsch als „überhastete“ und „vielleicht leicht hysterische“ Reaktion nachvollziehen, da sie mit Bots und Troll-Fabriken einen „Teil der russischen Propagandamaschinerie“ darstelle. Wolf: „Momentan herrscht Krieg. Momentan ist alles ein bisschen anders, und da ist das vielleicht eine Reaktion, die man wieder rückgängig machen kann, wenn die Verhältnisse sich wieder geändert haben.“

Pressefreiheit weltweit bedroht

Zum Tag der Pressefreiheit am 3. Mai veröffentlichte die Nichtregierungsorganisation „Reporter ohne Grenzen“ (RSF) ihre jährliche Rangliste der Pressefreiheit. RSF-Vorstandssprecher Michael Rediske sagte: „Regierungen, Interessengruppen und Einzelpersonen wollen Medienschaffende mit Gewalt daran hindern, unabhängig zu berichten. Dieses Phänomen beobachten wir in allen Teilen der Welt, ob in Russland, Myanmar oder Afghanistan.“

Auch in Deutschland habe die Aggression und Gewalt gegen Journalisten zugenommen, vor allem durch gewaltsame Übergriffe auf Demonstrationen. Mit 80 tätlichen Übergriffen (52 bei Protesten gegen die Corona-Maßnahmen) lagen die Angriffe seit Beginn der Aufzeichnungen laut RSF „so hoch wie noch nie“. Aber auch zuhause, in Gerichtssälen oder Fußballstadien seien Journalisten angegriffen worden. Weiterhin bemängelt RSF den mangelnden Quellenschutz von Journalisten durch die neue Cyberstrategie der Bundesregierung sowie den Einsatz des sogenannten „Staatstrojaners“. Dabei handelt es sich um eine Spähsoftware von Nachrichtendiensten, die verschlüsselte Nachrichten in Messengern mitschneidet.

Damit ist Deutschland auf dem Rang der Pressefreiheit von Platz 11 (2020) und 13 (2021) um weitere drei Positionen auf Platz 16 (2022) abgerutscht. Die Liste führen die Länder Norwegen, Dänemark und Schweden, die Schlusslichter bilden die autoritären Staaten China, Myanmar, Turkmenistan, Iran, Eritrea und Nordkorea.

Podiumsdiskussion „Presse. Macht. Freiheit“ der Friedrich-Naumann-Stiftung in Berlin. Das Video startet an der passenden Stelle.

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