Grünes Umdenken in der Migrationspolitik
Wer hätte das gedacht, die Grünen können auch anders. Vergangene Woche veröffentlichte eine Gruppe Realpolitiker von Bündnis 90/Die Grünen, die „Vert Realos“, ein Memorandum für eine andere Migrationspolitik. Nach dem Motto „Probleme klar benennen, Probleme gut lösen“. Ein Kommentar von Christian Albrecht.
Bislang läuft es meistens so: Spricht man von einem Versagen der deutschen Migrationspolitik, mangelnder Integration und Parallelgesellschaften, hört man unisono mit den Linksaußen-Rändern auch Grünen-Politiker schnell keifen: „Nazi!“, „rassistisch“, „Hetze“, „rechts!“ – womit sie stets diffamierend „rechts“ und „rechtsradikal“ oder gar „rechtsextrem“ miteinander gleichsetzen, als ob sie es nicht besser wüssten.
In ihrem offiziellen Parteiprogramm will die Partei Migration „vorausschauend und realistisch gestalten“, das Grundrecht auf Asyl verteidigen, eine schnellere Einbürgerung schon nach fünf anstatt wie derzeit acht Jahren ermöglichen, Sprachkurse und Bildungsangebote anbieten und Fluchtursachen bekämpfen.
„Einwanderung steuern, Zusammenhalt sichern!“
Vergangene Woche jedoch veröffentlichte eine Realo-Gruppe der Grünen ein Memorandum für eine andere Integrationspolitik in Deutschland. Es kehrt von vielen alten Parteiprinzipien ab und fordert: „Einwanderung steuern! Zusammenhalt in der Gesellschaft sichern!“
Das Memorandum der „Vert Realos“ unterzeichneten rund drei Dutzend Politiker, nach eigenen Angaben „Menschen aus der Mitte der bürgerlichen Gesellschaft“ und Mitglieder von Bündnis 90/Die Grünen. Dazu gehören auch der Grüne Oberbürgermeister Tübingens, Boris Palmer, sowie der Landrat im bayrischen Miltenberg Jens Marco Scherf. Diese wollen eine menschliche und empathische Migrationspolitik, „aber ohne Blauäugigkeit und das Verschweigen von Problemen“.
So verschwieg der bayrische Kommunalpolitiker Scherf am Dienstag in der Talkshow von Markus Lanz auch nicht Verhaltensweisen in Kindergärten und Schulen, „die finde ich mit dem ‚P-Wort‘ noch verniedlichend umschrieben“. Er bezog sich damit auf Friedrich Merz‘ (CDU), der zuvor bei Markus Lanz muslimische Schüler als „kleine Paschas“ bezeichnete und den die politische Linke dafür heftig anging. Der Grüne Scherf bestätigte bei Lanz jedoch Merz‘ Aussagen einer strengen patriarchische Struktur unter vielen muslimischen Schülern und Familien, die besonders Mädchen und Frauen unterdrücken. Er traue sich, dies offen zu äußern, weil er nicht seiner „grünen Blase“ verpflichtet sei, sondern seinem Landkreis. Und dort fange die Politik mit der Beschreibung der Wirklichkeit an. Respekt für so eine Denkweise! Realistische Politik von nahbaren Kommunalpolitikern sorgt sich zuerst um die Menschen im Landkreis.
Die „Vert Realos“ sehen in ihrem Memorandum den sozialen Frieden und den Zusammenhalt in Deutschland gefährdet und befürchten einen Rechtsruck der Gesellschaft. Sollten Bürger „weiterhin ihr Sicherheitsgefühl einbüßen“, drohe wie bereits in anderen europäischen Ländern Zulauf zu rechtspopulären oder gar rechtsextremen Parteien.
Wie die Gruppe sagt, ist Deutschland auf die Einwanderung nicht vorbereitet. Viele Kommunen seien überfordert, es fehle an Unterkünften und Wohnraum sowie an Konzepten für gelingende Integration. Es werde dabei auch kaum zwischen Kriegs-, Asyl- und Wirtschaftsmigranten unterschieden. Auch der Reporter Julius Böhm von der Sendung „Achtung, Reichelt!“ warf das nach einer Recherche Innenministerin Nancy Faseser (SPD) bereits vorige Woche vor.
Migranten sollen sich in Gesellschaft einordnen
Einwanderer und Flüchtlinge sollten sich laut den „Vert Realos“ in die bestehende Gesellschaftsordnung integrieren: „Wir glauben darüber hinaus, dass insbesondere die Menschen, die auf Dauer bei uns bleiben, die Pflicht haben, ihre Fähigkeiten bestmöglich in unser Land einzubringen und seine Werte zu wahren.“ Sie sollen sich „einordnen in die geschichtlich gewachsene gesellschaftliche Ordnung der Bundesrepublik Deutschland“ und „die Regeln des Gastlandes anerkennen und sich nach ihnen ausrichten“. So seien die Gleichberechtigung und Gleichwertigkeit von Frau und Mann, das Existenzrecht Israels, religiöse Toleranz sowie homo- und transsexuelle Menschen „uneingeschränkt zu akzeptieren“. Denn, so die Grünen Realpolitiker: „Wer diese Grundwerte nicht akzeptiert, kann hier eigentlich nicht leben wollen.“
Es klingt geradezu unglaublich, von Politikern der Grünen zu hören, es sei notwendig, „dass die grundlegenden Werte eines Landes von allen in ihm lebenden Menschen geteilt werden“. Das kommt unerwartet, verharmlosen Grüne bislang doch Migrationsprobleme, überlastete Kommunen und sich nach außen abschottenden Parallelgesellschaften. Es wäre erfreulich, wenn Grüne in der Migrationspolitik tatsächlich umdenken und ernste Probleme klar benennen. Um sie dann zu lösen.
Symbolbild: Pixabay
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