Gerichturteil zum Jugendschutz: Pornoseiten müssen Altersnachweis einbauen
Symbolbild: Gerd Altmann / Pixabay
Düsseldorf – Drei pornographische Internetportale mit Sitz in Zypern müssen für ihr Angebot einen wirksamen Altersnachweis einbauen, ansonsten droht ihnen in Deutschland die Netzsperre. Das entschied das Düsseldorfer Verwaltungsgericht am Dienstag im Rechtsstreit zwischen der Landesmedienanstalt Nordrhein-Westfalen (LfM) und den drei Porno-Portalen. Das online frei zugängliche pornograhische Angebot der drei reichweitenstarken Anbieter verstößt laut Gericht gegen den deutschen Jugendschutz. Eine reine Kennzeichnung mit sogenannten Jugendschutz-Labeln reiche nicht aus, bei der man vor Zugang zur Seite nur per Klick bestätigen muss, 18 Jahre alt zu sein. Die Anbieter müssten vielmehr etwa durch einen Altersnachweis sicherstellen, dass nur Erwachsene Zugang zu pornographischen Angeboten erhielten.
Pornografische Angebote sind laut Jugendmedienstaatsvertrag nur dann zulässig, „wenn von Seiten des Anbieters sichergestellt ist, dass sie nur Erwachsenen zugänglich gemacht werden (geschlossene Benutzergruppe)“.
Das Argument des Herkunftslandsprinzips, wonach für Internetangebote die Gesetze des Herkunftslandes gelten, wies das Gericht ab. Das deutsche Jugendmedienschutzgesetz gelte auch dann, wenn die Anbieter ihren Sitz außerhalb der Europäischen Union hätten. Laut Gericht müsse „vielmehr das strenge deutsche Jugendmedienschutzrecht Anwendung finden, weil Kindern und Jugendlichen ernste und schwerwiegende Gefahren durch freien Zugang zu pornografischen Internetseiten drohten“.
Die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) beanstandete schon 2020 das frei zugängliche pornographische Angebot der Seiten und verlangte für die Portale einen Altersnachweis.
Umgehend Altersnachweis einbauen oder Sperrung
Tobias Schmid, Direktor der Landesmedienanstalt NRW, fordert die Pornoplattformen erneut auf, einen effektiven Schutz von Kindern und Jugendlichen zu gewährleisten oder ihr Angebot in Deutschland einzustellen. „Wir haben als Medienaufsicht die Pflicht und Aufgabe, alles uns Mögliche zur Durchsetzung des Kinder- und Jugendschutzes in den Medien zu unternehmen und das werden wir auch tun.“ Das Gerichtsurteil nennt Schmid „in der Eindeutigkeit sehr erfreulich“.
Bei einem weiteren bereits rechtskräftigen Fall gegen einen anderen Betreiber geht Schmid davon aus, dass auch die Telekommunikationsanbieter nun das Bemühen unterstützen würden, „illegale Methoden, die Kinder und Jugendliche gefährden, zu unterbinden“. Dem Anbieter droht in Deutschland nun eine Netzsperre, da er sich „totgestellt“ zeigte und bis heute keine Altersprüfung implementierte. Im September 2020 äußerte sich ein Vodafone-Sprecher gegenüber dem Magazin „Golem“ noch ablehnend gegenüber einer freiwilligen DNS-Sperre pornographischer Seiten: „Diesen Wunsch werden wir nicht erfüllen.“ Dies könnte sich nun durch Gerichtsentscheide ändern.
Das Urteil betrifft zunächst konkret nur die drei reichweitenstarken Anbieter auf Zypern. Ob auch andere Portale eine Altersprüfung einbauen müssen und wie so eine Prüfung aussehen kann, ist noch nicht geklärt. Auch Streaming-Portale wie Youtube und die ARD- und ZDF-Mediatheken bieten eine Altersprüfung für nicht jugendfreie Inhalte und zeigen betreffende Videos ohne Nachweis nicht an. Landesmedienanstalt-Direktor Schmid meint zur Altersprüfung, „das ist nicht nur juristisch zwingend, sondern auch technisch denkbar einfach“.
Den Pornoplattformen droht durch einen Alters- und Identitätsnachweise, Nutzer zu verlieren, die ihre Identität nicht offen preisgeben wollen.
Jugendschutz und nicht moralische Verurteilung
Die Landesmedienanstalt NRW teilte Zeitkommentare gegenüber mit, ihr gehe es mit der Einführung einer Altersprüfung allein um den Jugendschutz. Die Medienwächter wollten damit den Zugang zu Pornographie allein auf Erwachsene beschränken, aber keineswegs ganz verbieten oder moralisch verurteilen.
Laut Verwaltungsgericht Düsseldorf hat einer Studie zufolge die Hälfte der befragten Jugendlichen bereits Sex-Filmchen konsumiert. Die Wirkung von Pornographie auf den Menschen und vor allem Kinder und Jugendliche ist umstritten. Eine Studie vom Max-Planck-Institut für Bildungsforschung und der Psychiatrie der Charité in Berlin zeigte 2014, das Belohnungszentrum im Gehirn regelmäßiger Porno-Konsumenten weise Veränderungen auf und die Nutzer zeigten zudem höhere Werte auf der Skala für Sexsucht, tranken mehr Alkohol und waren stärker depressiv.
Gegen sämtliche Gerichtsbeschlüsse kann Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet.
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